Tobias Harmes
29. April 2022

Kündigungswelle | Perspektive SAP IT – April 2022

Die „Great Resignation“ schwappt aus den USA nach Europa und führt zu hektischen Reorganisationsmaßnahmen in so manchen IT-Teams. Einer der Vorschläge ist auf mehr Automatisierung zu setzen, doch die kommt nicht so richtig in Schwung. Vielleicht fehlt das richtige Ziel.

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Editorial

Ich beobachte, dass viele unserer Kundinnen und Kunden mittlerweile wieder vor Ort Termine ermöglichen können. Allerdings manchmal nur deshalb, weil das Unternehmen das Homeoffice komplett gestrichen oder zumindest reglementiert hat.

Währenddessen schwappt ein Trend über den Atlantik nach Europa, die „Great Resignation“. Gemeint ist damit die seit Anfang 2021 überdurchschnittlich hohe Bereitschaft von Arbeitnehmern, ihren Job zu kündigen. Vermutete Ursachen dafür reichen vom sinkenden Gehalt über schon längere Jobunzufriedenheit bis zu Sicherheitsbedenken wegen der Pandemie und fehlenden Möglichkeiten remote zu arbeiten. Die Pandemie hat viele zum Nachdenken über die aktuelle Arbeitssituation angeregt.

Nicht nur aus Sicht eines Arbeitsgebers dürfte eine „Great Resignation“ in IT-Abteilungen für Wirbel sorgen. Auch gut eingespielte Teams müssen sich dann neu sortieren, wenn plötzlich Mitarbeitende das Unternehmen verlassen. Von da aus haben in der Regel alle ein Interesse daran, eine Kündigungswelle zu vermeiden.

Automatisierung als Anti-Job-Killer

Die ehemalige Google Cloud-DACH-Chefin und heutige UiPath Vice President für Zentral- und Ost-Europa, Annette Maier, sieht als mögliche Lösung gegen die „Great Resignation“ mehr Automatisierung. Genauer gesagt, sollen mit Hilfe von Robotic Process Automation (RPA) wenigstens die langweiligen, blöden Aufgaben im Alltag automatisiert werden. Damit die Arbeitsqualität verbessert wird und der Kündigungswille hoffentlich sinkt. Nicht ganz uneigennützig, da UiPath einer der Markführer für Software in diesem Umfeld ist. Trotzdem ein interessantes Gegengewicht zu dem sonst üblichen Reflex, dass Automatisierung vor allem Jobs kostet.

Das Stichwort RPA – Robotic Process Automation – hatte Vorstand Christian Klein Anfang 2021 mit RISE with SAP offiziell in die Agenda aufgenommen. Damals wurde auf der TechED zur Sicherheit noch betont: Nein, das nimmt euch in der IT keine Arbeitsplätze weg, der Fachbereich belästigt euch nur nicht mehr mit Kleinkram. So gesehen waren das noch entspannte Probleme.

Computer-Spiel auf Firmenkosten

Das man das Thema Automatisierung nicht nur durch starre Zielvorgaben und Anweisungen von oben fördern kann, zeigt der milliardenschwere kanadische Hersteller von Webshop-Lösungen Shopify. Deren CEO twitterte, dass das Automatisierungs-Computerspiel „Factorio“ das einzige Game wäre, das man mit den Reisekosten einreichen könne.

Bei diesem Spiel ist man allein auf einem Planeten gestrandet und alles, was man nicht automatisiert, muss man per Hand machen. Und niemand möchte 1000x die Maustaste klicken, damit man einen Fortschritt im Spiel erreicht. Nur wer fortlaufend den Herstellungsprozess weiter automatisiert, schafft es das Spielziel zu erreichen. So gesehen bezeichne ich es augenzwinkernd als Training, wenn mich jemand auf meine mittlerweile über 600 Stunden Spielzeit anspricht.

Gewerkschaft für Automatisierung

Als ich dann weiter in die Diskussion für und wider der Automatisierung getaucht bin, bin ich an einem Spiegel-Interview von vor gut 60 Jahren hängen geblieben. Der Analytiker und IG Metall Mitarbeiter Günter Friedrichs hat 1964 in einem Spiegelinterview dafür plädiert, die durch Automatisierung aufgefressenen Arbeitsplätze doch in Arbeitszeitverkürzung umzuwandeln. Die 35h-Woche für alle. Dadurch könnte Arbeitsplatzabbau vermieden werden.

Wenn ich das jetzt also zusammennehme mit dem Thema RPA wäre mein Vorschlag: Automatisierung mit dem Ziel mehr Freizeit und nicht nur als Hilfsmittel gegen blöde Aufgaben. Und dann bleiben die Kolleginnen und Kollegen auch hoffentlich an Bord. Win-win.

Herzliche Grüße
Tobias Harmes

PS: Wenn Sie gerne mal kennenlernen wollen, was hinter dem Thema RPA wirklich steckt und es mal selbst anfassen wollen, empfehle ich unseren RPA-Crashkurs. Und wer es lieber zu Hause spielerisch angehen will: das Spiel Factorio, aber Vorsicht: Suchtgefahr!

PPS: In diesem monatlichen Beitrag fassen wir alle SAP IT-relevanten Inhalte zusammen, die zu den Themen SAP Basis und Security, Mobile Apps und Fiori, SAP Entwicklung, Formulare und Analytics entstanden sind. Viel Spaß beim Lesen. Ich freue mich auf Feedback unter sapit.team@mindsquare.de.

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Mein Name ist Tobias Harmes und ich bin SAP Basis & Security Experte, Speaker und Herausgeber von RZ10.de. Ich helfe anderen dabei, Unternehmensdaten und Geschäftsprozesse in SAP wirksam abzusichern.

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